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Zur Arbeit „Kollagen aus Bogota“ von Adriana Torres

    Verfasserinnen:Manuela Pfaffenberger 2005

     

    Bogotá, die Acht-Millionen-Metropole-Kolumbiens
    - hektisch und undiszipliniert, pulsierend und lebendig
    - Straßenhändler, Bettler und Abenteurer
    - Landflucht: erträumtes Glück in der Großstadt oder Elendsviertel am Rande der Stadt?
    - Migrantinnen und Binnenflüchtlinge; rolos und rolas
    - Krieg in der Stadt: Militär-Paramilitär, Guerrilla und desplazados.
    - Straßenkinder
    - Arm-Reich Schere
    - Hochhäuser
    - Millionen Lichter der Stadt
    - „TransMileno“ die neue Busverbindung gegen den alltäglichen Verkehrswahnsinn der Stadt
    - Leibesvisitationen
    - Ein dampfendes Häusermeer von Berg Monserrate aus
    - Unvergesslicher Lichterglanz
    - Die Straße für Autoersatzteile, die Straße für Schuhe, die Straße für Silber, ...
    - Eine Stadt ständiger Ausbreitung
    - Freiheit und Gefängnis; eine Stadt der Kontraste
    - Usw

    Adriana Torres Topaga wurde 1969 in Kolumbien geboren.
    Und Adriana lebt seit 8 Jahren hier in Linz. Sie ist mittlerweile verheiratet mit einem Oberösterreicher und sie haben eine dreijährige Tochter Zoa.

    Das generelle Schaffen von Adriana ist sehr beeinflusst von ihren Wurzeln in Kolumbien. Adriana erzählte mir, dass Sie Heimweh eigentlich bisher nicht kannte. Dass aber gerade in letzter Zeit so etwas einstellt, dass sich wie Heimweh irgendwie anfühlt. Sie selbst fühlt sich in Bogotá freier. Adriana meinte, man kann in Bogotá machen, was man will. Und diese persönliche Freiheit schlägt sich ihrer Meinung nach auch in der Ausdruckform und Gestaltung der Lebensräume der Kolumbianer nieder.

    Dekorationen von privaten Personen sichtbar im öffentlichen Raum, der Schmuck einer Stadt, sind im Grunde unbewusste Botschaften, die ein Stadtbild sehr prägen und viel über die Bewohner einer Stadt vermitteln.
    Die vermeintlich unregierbare „unmögliche“ Stadt Bogotá inmitten der Anden schreitet zügig voran, nach Jahren der Lethargie und des Versinkens in Gewalt, Schmutz und Zerfall, bunt und selbst bestimmt sich zu präsentieren. Drei tatkräftige Bürgermeister in Folge haben der Stadt gut getan. Sie haben Gemeinschaftssinn entfacht, neue Konzepte entwickelt und Bogotá wieder (er-)lebbar gemacht. Diese Einstellung ist in der Bevölkerung Bogotás zu spüren. Aktiv und öffentlich passiert das Leven, werden gestalterische Äußerungen präsentiert. Ich möchte hier wieder Adriana zitieren: “Man muss in Bogotá nicht in die Geschäfte gehen, um zu sehen, dass Weihnachten oder Muttertag ist. Es zeigt sich an der Fassade, im öffentlichen Raum“.
    Der öffentliche Raum widerspiegelt in ihrer Heimatstadt Bogotá das Leben und Lebenseinstellungen.
    Sind wir Mitteleuropäer nicht bereits daran gewöhnt, mit vordefinierten Räumen und Oberflächen und deren Gesetzmäßigkeiten uns zurecht zu finden? Und ist nicht der Gestaltungssinn im Südamerika weniger eingeschränkt und freier? (Ich bin der Überzeugung, das kein Nachbar z.B. sich in Bogota aufregen und mir vorwerfen würde, wenn mein Balkon mit zwei Fahrräder, Pflanzen und Wäsche verstellt ist und daher das Erscheinungsbild des gesamten Hauses in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Stimmst?)

    Bei ihren Besuchen in Bogota suchte Adriana nach Szenen, die es in Österreich nicht gibt. Sie hielt diese Szenen, Häuser, Fassaden, Menschen, Lebensräume mit ihrer kleinen Pocketkamera fest. Sie wollte beim Fotografieren nicht auffallen und die Bilder nebenbei produzieren, den Straßenalltag dokumentieren. Die Bilder von Adriana sind wie eine Reise durch Bogota: konstruierte und stilisierte Panoramabilder, die den Lebensrhythmus in Bogota aufgreifen. Es geht ihr nicht darum, dass sie postkarteähnliche Portraits ihrer Stadt entwirft, sondern sie kreiert ihre eigenen Orte, Plätze und Stadtteile, so wie manche Orte Lateinamerikas, von denen man gelesen und gehört hat, bleiben im Gedächtnis, wecken Neugier und Phantasie. Sie müssen nicht einmal wirklich existieren (wie z.B. auch bei der Stadt Macondo aus Gabriel García Márquez Hundert Jahre Einsamkeit oder das Santa Maria des Juan Carlos Onetti) und man muss nicht einmal wirklich dort gewesen sein,, aber man malt sie siech ihn seiner persönlichen Gedankenwelt aus.

    Manuela Pfaffenberger: Freischaffende Künstlerin und Kunst Kuratorin.